Sitzen ist das neue Rauchen!

#gesundmobil - Interview mit Oliver Herrmann

Wie lässt sich Alltagsmobilität mit einem gesunden und aktiven Lebensstil vereinbaren? Dazu haben wir mit Oliver Herrmann, Head of Employee Wellbeing, Health and Safety der Deutschen Telekom, gesprochen. Er erklärt, was hinter seinem Job steckt und warum ein Physiker wie er sich intensiv mit dem Thema Gesundheit beschäftigt.

Lieber Oliver, dein Titel bei der Deutschen Telekom lautet Head of Employee Wellbeing, Health and Safety. Was genau muss man sich darunter vorstellen?

Zum einen geht es um den klassischen Arbeitsschutz. Das betrifft unter anderem die Organisation von Ersthelfern, Brandschutzhelfern und die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen. Es ist Teil unserer Verantwortung, die Sicherheit in den Gebäuden zu gewährleisten.

Der Health Bereich umfasst unter anderem den arbeitsmedizinischen Bereich, die Bereitstellung von medizinischen Fachpersonal, arbeitsmedizinische Untersuchungen und das berufliche Wiedereingliederungsmanagement.

Und Wellbeing betrifft das, was nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Dazu gehören die klassischen Präventionsfelder wie Ernährung, Bewegung, Schlaf, aber auch der bewusste Umgang mit digitalen Endgeräten und vor allem das globale Thema Mentale Gesundheit. Wir gestalten auch maßgeblich den Health-Teil in der internen Mitarbeitendenbefragung mit, die ja ca.  40 Gesundheitsfragen beinhaltet.

Du bist sind von Haus aus Physiker. Warum beschäftigt man sich als Physiker mit dem Thema Wellbeing?

Also zwischen der Physiker-Zeit und dem Wellbeing heute steckt noch viel mehr. Ich war mal selbstständig, ich hatte mein eigenes Unternehmen, bin auch in der Dotcom-Blase mal gegen die Wand gefahren und habe eine Coachingagentur aufgebaut. Ich war in der Beratung und lange Zeit bei der Telekom im Vertrieb, bevor ich vor vier Jahren das Thema New Ways of Working im zentralen Personalbereich übernommen habe.

Und jetzt versuche ich Arbeitsplätze, an denen wir plus minus acht Stunden arbeiten, so gesund und energetisierend wie es nur geht zu gestalten.

Und gesund heißt nicht nur die Abwesenheit von Krankheit, sondern dass die Arbeit, dass Führung am Ende des Tages so ist, dass sie den Menschen stützen und stärken. Dass die Arbeit sinnvoll ist und wir bestmöglich mit diesen ganzen externen Stressoren, die wir nicht beeinflussen können, umgehen können.

Bei der Telekom MobilitySolutions dreht sich alles um Mobilität. Was heißt es für dich, gesund mobil zu sein?

Ich brauche immer Bewegung. Wenn ich am Tag nicht meinen Sport mache, egal ob schwimmen, Fahrrad fahren, zwischendurch Treppensteigen, um den Block gehen oder was auch immer, dann bin ich auch nicht so leistungsfähig. Dann werde ich irgendwann auch unleidlich für meine Umwelt. Also Bewegung ist für mich eine Conditio sine qua non – Ohne die geht es nicht. Denn Sitzen ist das neue Rauchen, dass belegen eine Reihe von Studien. Daher sollten wir das viele und lange sitzen möglichst vermeiden.

Konkret bedeutet das, dass wir uns mindestens in jeder Stunde fünf Minuten bewegen. Und damit meine ich jetzt nicht, dass wir joggen müssen. Ein paar Kniebeugen, Treppensteigen, Wasser holen, das reicht schon.

Kann man als Unternehmen Maßnahmen ergreifen, die Bewegung fördern?

Das tun wir bereits. Wir haben eine App „Fit mit fünf“. Mit entsprechendem Telekom Code erhält man ein fünfminütiges Pausen-Management mit einfachen Übungen, die wir am Arbeitsplatz machen können, bis hin zu einer ganzen Session mit Autogenem Training. Also wertvoller Inhalt, um Inspiration für die Fünf-Minuten-Pause zu geben.

Die App ist für alle Beschäftigten nutzbar. Natürlich gibt es auch Berufsgruppen, bei denen es schwieriger ist, ein Fünf-Minuten-Training dazwischen zu schieben. Bei den Kolleg:innen in den Shops beispielsweise. Da haben wir eher das umgekehrte Thema. Sie stehen den ganzen Tag und müssten sich vielleicht auch mal setzen. Auch fünf Minuten Sport in der kurzen Pause zu treiben, ist dort nicht immer möglich. Und wieder andere, die sitzen sehr viel im Auto, sind im Außendienst und beim Kunden. Also wir haben ganz unterschiedliche Berufsgruppen, die wir berücksichtigen müssen.

Aber für uns alle gilt, eine Strecke zu Fuß zurückzulegen, kann schon Wunder bewirken.

Der Weg zu Fuß wird unterschätzt?

Vor allem geht es immer um Geschwindigkeit und schnell, schnell, schnell. Schauen wir uns die ganzen Automatisierungen an, die ganzen Rollläden, die automatisch per Fernbedienung runtergelassen werden. Ich kann alles vom Sofa aus machen und dann wundern wir uns, dass wir zu viel sitzen. Wir machen uns vermeintlich das Leben einfacher, aber eigentlich damit ungesünder.

Wenn du einen Wunsch hättest, wie man die Mobilität der Zukunft gesünder gestalten könnte. Welcher Wunsch wäre das?

Da stößt man natürlich schnell an die Grenze unseres Verhaltens. Damit Menschen einen Anreiz haben für mehr Bewegung, sollten die Angebote bequem und niederschwellig sein. Idealerweise gibt es Wege, die man zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegt, verbunden mit einem nahtlosen und pünktlichen Nah- bzw. Fernverkehr.

Lieber Oliver, vielen Dank für das Gespräch!