Mobilität braucht Wandel – Die Suche nach realisierbaren Modellen

Wie wahrscheinlich sind autonom fahrende Taxiflotten?

Welches Konzept bietet uns eine zukunftsfähige Mobilität? Und wie kann diese ökologisch und sozial nachhaltig realisiert werden? Unser Praktikant Georg Völlmicke hat sich in seiner Bachelorarbeit zum Thema „Schwarmmobilität“ mit genau diesen Fragen beschäftigt. Und gezielt untersucht, wie Schwarmmobilität als mögliche Lösung erfolgreich umgesetzt werden kann, welche Potentiale, aber auch welche Grenzen das Konzept beinhaltet.

Wen das Thema interessiert und wer sich gerne dazu mit Georg austauschen möchte, der erreicht ihn auf LinkedIn. Hier seine Erkenntnisse:

Den meisten Menschen ist bewusst, dass der Mobilitätssektor in seiner heutigen Form so nicht mehr bestehen bleiben kann. Zu stark ist der Einfluss traditioneller Verbrennermotoren auf den Klimawandel. Doch dass neben den enormen Schadstoffemissionen auch durch Staus, Unfälle und Lärm jährlich Schäden in Form von dreistelligen Milliardenbeträgen entstehen, ist wahrscheinlich wenigen bewusst. Damit wird auch klar, dass die Elektrifizierung des Verkehrs allein nicht ausreicht, um eine nachhaltige Mobilitätswende zu realisieren. Die Elektromobilität kann zwar ein effektiver Ansatz für die Verringerung des CO2-Ausstoßes sein, jedoch führt diese allein nicht zu weniger Verkehrstoten oder zu weniger Stau. Für eine nachhaltige Mobilitätswende sollten neben den ökologischen auch die sozialen & ökonomischen Aspekte berücksichtigt werden. Damit einhergehend ist es beispielsweise nötig, eine Form der Mobilität zu gestalten, die für alle Personengruppen und unabhängig vom Einkommen verfügbar ist.

Schwarmmobilität – Die Lösung?

Bei der Schwarmmobilität handelt es sich um autonom fahrende Taxiflotten. Diese Taxen können sich modular verknüpfen und von Nutzer*innen per App angefordert werden. Durch das An- und Abkoppeln der Kabinen können diese auf die individuelle Fahrsituation der Nutzer angepasst werden. Personen mit einem ähnlichen Ziel können an unterschiedlichen Punkten abgeholt und im Verlauf der Fahrt in eine Kabine umplatziert werden. Das Umsteigen geschieht dabei während der Fahrt. Dadurch kann die Anzahl an nötigen Kabinen und folglich auch die Leerfahrten minimiert werden. Kosten und Zeitaufwand bleiben für Nutzer*innen bei dieser besonderen Art des Individualverkehrs gering. Das Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte spricht von Preisen für autonome Shuttles von 15 Cent pro Kilometer. Gleichzeitig können Nutzer*innen in der autonomen Fahrkabine arbeiten, lesen oder sogar schlafen und bei Bedarf einen Kaffee in einer der Bistrokabinen anfordern. Ein solches Konzept wurde bereits 2018 vom Unternehmen NEXT – Future Mobility vorgestellt.

Durch diese Art der geteilten Mobilität ergeben sich große Potentiale, die verkehrsbedingten Probleme zu lösen. Die ökologischen Vorteile der Elektromobilität liegen auf der Hand. Gerade mit Blick auf die Entwicklung von neuen Batterietechnologien, die ohne umweltschädliche Ressourcen auskommen. Wichtig zu erwähnen ist jedoch, dass der Strom aus regenerativen Energiequellen stammen muss, um auch eine nachhaltige Well-to-wheel-Bilanz aufzubauen. Weiter besteht durch die autonome Mobilität ein enormes Potential, die Zahl der Verkehrsunfälle sowie der Staus deutlich zu senken. Denn 90 Prozent der verursachten Unfälle ist auf menschliches Versagen zurückzuführen. Um diesen Optimierungsgrad zu erreichen, bedarf es eines vollautonomen, also KI-gesteuerten Verkehrs, in dem der Mensch als Fehlerquelle nicht mehr existiert. Zumindest nicht als Unfall verursachende*r Fahrer*in.

Soziale Nachhaltigkeit

Ein wichtiger Faktor  ist die soziale Nachhaltigkeit. Diese Form der Nachhaltigkeit beinhaltet die Teilhabe aller Personengruppen, unabhängig vom Alter, Einkommen, Wohnort oder Sprachkenntnissen. Auch Menschen mit einer Behinderung muss der barrierefreie Zugang ermöglicht werden. Alles Punkte, die durch die geringen Kosten, den flexiblen und autonomen Betrieb und eine vereinfachte Nutzung per App durch die Schwarmmobilität erreicht werden könnten.

Auf der anderen Seite bietet das Konzept auch Vorteile für Städte und Gemeinden. Parkplätze und die Flächennutzung könnten neu definiert, Kultur, Natur, Freizeit und Sport mehr Raum gegeben werden. Speziell dem Problem des Wohnraummangels könnte so entgegengewirkt werden, da der Verkehr weniger Fläche beanspruchen würde. Außerdem könnten Arbeitskräfte beim Pendeln selbst durch die autonome Zielführung deutlich entlastet werden, wodurch auch längere Routen keinen übermäßigen Stress verursachen. Folglich sind weiter entfernte Städte attraktiver und die Einzugsgebiete dieser würden entsprechend erweitert werden.

Doch nur eine Wunschvorstellung?

Allein bei der Betrachtung des deutschen Marktes bestehen trotz vorhandener Technologien noch große Hürden für die Schwarmmobilität. Vollautonome Fahrzeuge werden zwar bereits getestet, sind rechtlich jedoch noch nicht freigegeben. Des Weiteren ist die Energiewende noch lange nicht vollzogen. Und nicht zuletzt bedarf es eines breiten gesellschaftlichen Konsens, auf das eigenen Auto zu verzichten. Zusätzlich bleibt die Frage offen, ob eine flächendeckende und gleichzeitig effiziente Abdeckung der ländlichen Bereiche gewährleistet werden kann.

Wie muss das Fazit zur Schwarmmobilität lauten – nach derzeitigem Kenntnisstand? Wenn wir Elektromobilität mit autonomer & geteilter Mobilität verknüpfen, entstehen ganz eindeutig vielversprechende Potentiale, verkehrsbedingte Probleme zu lösen. Aber die Technologie ist nur die eine Komponente. Gleichermaßen ist ein Bewusstseinswandel innerhalb unserer Gesellschaft essentiell notwendig, um eine Akzeptanz für das autonome Fahren zu schaffen. Wir müssen Vertrauen in eine neue Technologie entwickeln, wenn wir sie dauerhaft nutzen sollen. Vor allem dann, wenn wir ihr die Kontrolle über unsere Fortbewegung gewähren. Daher ist es trotz der großen Potentiale noch ein langer Weg bis zur Umsetzung der Schwarmmobilität.