Betriebliche Mobilität: wohin geht die Reise?

Ein Interview mit dem bfp-Magazin

Weg vom Pendlerverkehr – hin zu geteilter und integrierter Mobilität. Die TelekomMobility Solutions setzt auf eine Diversifikation des Produktportfolios, um Mobilität bedarfsgerecht und innovativ zu gestalten. Mehr zu den Herausforderungen der gegenwärtigen Mobilitätswende sowie den Ansätzen zur Senkung der CO2-Emissionen erfahrt ihr im Interview mit bfp – Fuhrpark und Managment.

Sie verantwortet nicht nur den Fuhrpark – sondern die gesamte Mobilitätsstrategie bei einem der größten Unternehmen Deutschlands. Im Interview verrät Mobilitätsvordenkerin Olga Nevska, Geschäftsführerin der Telekom Mobility Solutions, welche Ansätze im Bereich nachhaltige Mobilität die Telekom bereits erfolgreich eingeführt hat, welche Innovationen noch auf der Agenda stehen – und wohin die Reise im Bereich betriebliche Mobilität gehen kann.

bfp: Sie gelten als eine der einflussreichsten und bestvernetzten Mobilitätsmanagerinnen Deutschlands. Wie groß ist denn der Fuhrpark, den Sie betreuen?

Olga Nevska: In den Aufgabenbereich der Telekom Mobility Solutions fallen sämtliche Firmenfahrzeuge der Deutschen Telekom. Dabei handelt es sich um rund 22.000 Fahrzeuge: 14.000 davon werden rein gewerblich genutzt. Dies sind überwiegend Servicefahrzeuge für die Kundentermine unserer Techniker und speziell ausgestattete Fahrzeuge, die den Rollout unseres Netzes sicherstellen.

6.000 Fahrzeuge sind Firmenwagen, die auch privat genutzt werden und somit in die Car Policy fallen: Das sind größtenteils Firmenwagen für Beratung, Sales und Vertrieb – aber auch etwa 1.000 klassische Dienstwagen, die wir als Benefit unseren Executives zu Verfügung stellen. Dazu kommen ca. 240 Sharing-Fahrzeuge sowie ein gewisser Anteil an Fahrzeugen, die sich aktuell in der Qualitätsinspektion, in Tests oder der Aussteuerung befinden.

Gibt es Alternativen für Firmenwagenberechtigte, wenn sie auf einen Wagen verzichten wollen?

Olga Nevska: Wir bieten mittlerweile zahlreiche Instrumente, die als Alternative zum Dienstwagen genutzt werden können. Dabei handelt es sich um eine Art Benefit Budget, bei dem die KollegInnen selbst entscheiden können: Nehme ich den Dienstwagen oder doch lieber eine BahnCard für mich und meinen Partner, investiere ich den geldwerten Vorteil lieber in meine Rente, lasse ich mir das Geld auszahlen oder investiere ich in mein Lebensarbeitszeit-Konto, um eventuell ein Sabbatical zu nehmen oder früher in Rente gehen zu können.

Wir beobachten, dass die Anreize step by step wirken und dazu führen, dass sich immer mehr KollegInnen für Alternativen zum Dienstwagen entscheiden.

Der klassische Dienstwagen stellt allerdings nur einen Teil der Telekom-Flotte…

Olga Nevska: Das ist richtig. Einen großen Teil unserer Flotte besteht aus Service- und Technik-Fahrzeugen. Diese brauchen wir nach wie vor, weil unsere Servicetechniker vor Ort beim Kunden Servicedienstleistungen erbringen oder deutschlandweit das Glasfasernetz ausbauen. Durch neue digitale Möglichkeiten können unsere Techniker heute viele Störungen auch remote erledigen, und müssen weniger häufig rausfahren. Dadurch benötigen wir auch in der Gewerbe-Flotte langfristig weniger Fahrzeuge.

Parallel dazu setzen wir auch in unserer Gewerbe-Flotte immer stärker auf Sharing: Das Prinzip dahinter ist klar: Man muss in der Zukunft nicht für jeden Techniker ein Auto haben, um Störungen zu beheben.

Auch Mikromobilität findet Einsatz in der Service-Flotte -wir setzen verstärkt auf E-Scooter. Techniker teilen sich ein Fahrzeug, fahren gemeinsam in die Stadt und haben dort jeweils einen Scooter, um Kunden zu erreichen. Das Auto wird dabei so etwas wie ein „mobiles Lager“. Elektro, Mikromobilität und Flexibilität sind für uns also die großen Treiber, wenn es um die Diversifikation des Portfolios geht.

Sehen Sie sich bei diesen ganzen vielen Angeboten noch als Fuhrparkmanagerin?

Olga Nevska: Nicht mehr – und auch bewusst nicht mehr, denn die Erwartungen, Wünsche und Anforderungen haben sich grundlegend geändert. Unsere Mitarbeitenden wollen nicht mehr „nur Fuhrpark“ und nicht mehr „nur Auto“, sie erwarten bedarfsgerechte, effiziente und niedrigschwellige Mobilitätslösungen. Und diesen Bedarf wollen wir als Telekom Mobility Solutions optimal abdecken. Daher stehe ich für den Begriff Mobilitätsmanagement.

Welche Mobilitätsstrategie verfolgen Sie mit Telekom Mobility Solutions?

Olga Nevska: Wir haben klare Ziele, welche wir im Rahmen unserer Strategie verfolgen. Erstens und ganz grundsätzlich natürlich – die Gewährleistung und Absicherung der Mobilität im Unternehmen – vor allem im Bereich Service- und Technik-Fleet. Zweitens: Nachhaltigkeit – insbesondere vor dem Hintergrund CO2-Emmissionen und sozialer Verantwortung. Drittens: Kundenzufriedenheit – extern wie interne Mobilität soll nicht nur gewährleistet – sondern auch einfach zugänglich und nutzbar sein. Und viertens natürlich: Effizienz – das betrifft natürlich die Kosten, aber auch die Möglichkeit, je nach Zeitpunkt und Situation die optimale Mobilitätslösung zur Verfügung zu stellen.

Diese vier Eckpfeiler bedienen wir im Rahmen unserer Mobilitätsstrategie. Stichwort CO2-Emmissionen. Ab 2023 müssen unter anderem Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern detaillierte CSR-Berichtspflichten erfüllen.

Olga Nevska: Ja, davon sind wir betroffen und natürlich haben wir uns bereits frühzeitig darauf eingestellt. Die Telekom hat sehr ambitionierte CO2-Ziele. Um diese zu erfüllen, haben wir die Entscheidung getroffen, ab Januar 2023 unsere Firmenfahrzeugflotte komplett auf rein elektrische Fahrzeuge umzustellen.

Dabei muss man ehrlicherweise sagen, dass der größte Teil unserer CO2-Emissionen nicht aus dem Fuhrpark resultiert, sondern aus dem Betrieb der Infrastruktur im Kerngeschäft – den Daten- und Serverzentren. Diese Emissionen fallen fast schon zwangsläufig an, immer dann, wenn etwa irgendwo ein Telekom-Kunde sein Handy nutzt. Für diesen Energiebedarf setzen wir auf Grünstrom.

Mobilität ist natürlich ein anderes Thema. Selbst unsere deutschlandweit aktive Fahrzeug-Flotte verursacht lediglich rund 26 Prozent aller mobilitätsbedingten CO2-Emmissionen bei der Telekom. Auch das Travel Management kommt nur auf rund 2 Prozent – u.a. deshalb, weil wir seit Jahren durch Video-Conferencing und Homeoffice-Ansätze Möglichkeiten bieten, die Reiseaktivitäten zu minimieren. Der größte Teil der mobilitätsbedingten Emissionen, rund zwei Drittel, stammt aus dem Pendelverkehr unserer Mitarbeitenden. Und hier wird es dann richtig spannend …

…weil nicht jeder Mitarbeiter mit dem Elektroauto ins Büro kommen kann?

Olga Nevska: Exakt. 85.000 Mitarbeiter, die mehrmals pro Woche ins Büro fahren, verursachen einfach jede Menge CO2. Dementsprechend reicht es nicht, wenn wir uns nur auf den Fuhrpark fokussieren – als Unternehmen müssen wir Mobilität ganzheitlich betrachten.

Deshalb haben wir zwei große Blöcke in unserer Strategie: Zum einen brauchen wir natürlich einen Fuhrpark, der selbst so weit als möglich klimaneutral ist.

Aber zum anderen ist es auch unsere Aufgabe, allen Beschäftigten nachhaltige Mobilitätslösungen für den Weg zur Arbeit und die Freizeit zu bieten. Da kann ich als Mobilitätsverantwortliche tatsächlich nicht jedem ein Elektroauto bieten, weil das finanziell und ressourcentechnisch keinen Sinn ergibt: Wenn zukünftig alle elektrisch fahren, stehen am Ende wieder alle im Stau.

Welche Lösungen haben Sie entwickelt, um die CO2-Emissionen in der Pendlermobilität zu senken?

Olga Nevska: Wir setzen vor allem Schwerpunkte bei der Diversifikation des Mobilitätsportfolios und dem Ausbau digitaler Lösungen. Wir diversifizieren unser Portfolio: Damit meine ich, wir setzen auf Elektromobilität, wo es sinnvoll und möglich ist. Darüber hinaus bieten wir aber auch komfortable Sharing- und Pooling-Möglichkeiten, um die Auslastung der Fahrzeuge zu erhöhen. Auch Mikromobilität spielt in unserem Portfolio eine besonders wichtige Rolle.

Außerdem wollen wir unseren Mitarbeitenden den Umstieg vom Auto auf alternative Mobilitätsformen so flexibel und einfach gestalten wie möglich. Dafür werden wir vernetzte Angebote bereitstellen, mit denen sich Optionen wie Carsharing, Busse und Bahnen, On-Demand-Shuttles oder Scooter flexibel und bedarfsgerecht kombinieren lassen. Zudem haben die Mitarbeitenden noch die Möglichkeit, bis zu zwei Fahrräder per Gehaltsumwandlung zu leasen, über ein Elektro-Auto-Abo Fahrzeuge zu mieten, sie können ein Job Ticket nutzen. Zu guter Letzt helfen Home Office und flexible Arbeitszeiten, die Pendlermobilität zu senken.

Wie schaffen Sie es, mit diesen neuen Angeboten Ihre Mitarbeitende auch zu erreichen?

Olga Nevska: Zusätzlich zur Diversifikation der Transportmöglichkeiten setzen wir stark auf digitale Services, die zu einer besseren Auslastung und zu einem einfachen Zugang zu alternativen Mobilitätsformen führen: Beispielsweise Car Sharing, ein digitaler Service, weil Mitarbeitende auf ein Auto aus unserem Pool per App zugreifen können, wann und wo immer sie wollen.

Mehr Sharing und Pooling also …

Olga Nevska: Richtig. Car Sharing und Pooling sind für mich extrem wichtige Themen, da ich glaube, dass jedes geteilte Fahrzeug besser ist als eines, das die meiste Zeit nicht genutzt wird. Parallel bieten wir auch einen digitalen „Shuttle on Demand“-Service. Unsere KollegInnen können sich via App ein Shuttle bestellen und müssen dienstlich nicht mehr mit dem eigenen Auto fahren.

So können etwa Mitarbeiter via App fragen: „Ich komme gleich am Bahnhof an. Telekom-Shuttle, wann holst du mich ab?“ Einer unserer Shuttle-Transporter heißt sogar Olga. Dann kommt eben die Antwort: „Olga holt dich in fünf Minuten ab“. Diese Möglichkeit gibt es u.a. zwischen ausgewählten Telekom-Standorten, zu Bahnhöfen, und für den Transport zu den Flughäfen Köln-Bonn und Frankfurt.

Das heißt, Sie entwickeln als Telekom auch selbst digitale Mobilitäts-Lösungen?

Olga Nevska: Ja, allerdings arbeiten wir dabei durchaus mit verschiedenen spezialisierten IT- und Mobilitätspartnern wie etwa Hacon, Fleetster oder IOKI zusammen. Pooling und Sharing sind nur durch hochwertige digitale Services möglich.

Ab 2023 werden wir die App und Plattform ‚goodride’ einführen, die für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt, aber auch im Familien- und Freundeskreis genutzt werden kann. Wenn also jemand sagt: „Ich will jetzt schnell an dieses Ziel“, dann wird je nach den individuellen Präferenzen, etwa möglichst preisgünstig, möglichst schnell, möglichst CO2-neutral, ein Angebot gezeigt, das auch in der App mit einem Klick gebucht und bezahlt wird. Ich habe als Endnutzer also nicht mehr 25 verschiedene Apps wie heute, sondern eine App.

Solche Angebote gibt es im Kleinen bereits.

Olga Nevska: Ja, richtig, aber eben nur im Kleinen, meistens begrenzt auf einzelne Städte. In Bonn gibt es ein solches Angebot, in Köln ein anderes Angebot. Uns geht es um eine grenzüberschreitende Lösung, die nicht nur verschiedene Regionen miteinander verbindet – sondern auch einen umfangreichen Service über alle Verkehrsträger und Transportmittel bietet.

Damit öffnen Sie als Telekom die betriebliche Mobilität nicht nur für Dienstwagenberechtigte – sondern für alle Mitarbeitende?

Olga Nevska: Ja. Wir haben bereits ziemlich viele Instrumente: Wir bieten Shuttle, wir bieten Car Sharing, wir bieten ein Jobticket. Wir haben aber auch sehr viel mit Kolleginnen und Kollegen gesprochen, die sagen: „Wir wollen eine komplette Customer Experience“. Und das lässt sich tatsächlich erreichen, wenn man die richtigen Angebote und eine gute App hat. Und dann sprechen wir nicht mehr über Fuhrpark – dann geht es um Mobility as a Service. Dabei haben wir als Telekom einen gewissen Wettbewerbsvorteil als Pionier in Sachen Digitalisierung.

Ist das auch ein potenzielles Geschäftsmodell für die Telekom?

Olga Nevska: Wir können uns durchaus vorstellen, in der Zukunft solche Mobility as a Service Angebote in unsere übrigen Telekommunikations-Produkte einzubinden. Denn am Ende sind wir, Deutsche Telekom, tatsächlich die Spezialisten für Digitalisierung, kundenzentrierte Bundling-Produkte und die Vernetzung von Lebenswelten. Ich bin der festen Überzeugung, dass erst dann, wenn Mobilität nicht stand alone betrachtet wird, sondern aus Perspektive der KundInnen und als „3rd Place“, wird der Umstieg auf nachhaltige Mobilität gelingen!

Vielen Dank für das Gespräch!

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